Rolli Rallye Marburg Marseille
Ist das wirklich schon 10 Jahre her? Die Rolli-Rallye Marburg-Marseille feiert runden Geburtstag!
Im winterkalten Februar 2008 träumen vier Studierenden in ihrem Marburger Studentenwohnheim von Sonne und Urlaub
und fassen den Entschluss, gemeinsam in die Sonne Südfrankreichs zu starten.
So weit, so alltäglich, könnte man meinen. Was Jenny Bießmann, Martin Koßler, Sascha Leder und Sylvana Kropstat
aber eint, ist eben nicht nur ein gemeinsamer Traum von Marseille und Sommerluft, sondern auch der Umstand, dass
sie aufgrund verschiedener Handikaps auf ihre Rollstühle angewiesen sind.
Für Rollifahrer und Rollifahrerinnen rückt Marseille schnell in weite Ferne, ans andere Ende einer oft
rollstuhlungerechten und beschwerlichen Reise. Statt sich aber von möglichen Reisestrapazen abschrecken zu lassen,
fassen die Studierenden einen ganz besonderen Plan: Nach ihren Studienabschlüssen im Sommer kommenden Jahres werden
sie von Marburg nach Marseille fahren – und zwar indem sie die Strecke von rund 1100 km innerhalb von zwei Wochen
größtenteils selber mit ihren Rollstühlen abfahren werden.
Mit einem solchen medienwirksamen Mammutprojekt, da sind sich Jenny, Martin, Sascha und Sylvana sicher, werden
sie die Öffentlichkeit auf zentrale Themen in ihrem und im Leben anderer körperbehinderter Menschen aufmerksam
machen können: Finanzielle und ideelle Teilhabesicherung, das selbstverständliche Recht auf Integration und
uneingeschränkte Mobilität, eine positive Selbst- und Fremdwahrnehmung und Barrierefreiheit – in der Stadt, auf dem
Land und insbesondere in den Köpfen aller.
Unterstützt von Sponsor*innen, Helfer*innen und Techniker*innen starten Jenny, Martin, Sascha und Sylvana
tatsächlich im August 2009 von Marburg nach Marseille. Es folgen zwei Wochen voller Hitze, plötzlichem Regen,
kulturellen Höhenflügen, kulinarischen Experimenten und dem „French Canyon“ (entdeckt und benannt von Sascha).
Wenn ich heute, zehn Jahre nach dieser ganz besonderen Reise, den Blog der vier mutigen Rollifahrer*innen
durchscrolle (http://marburg-marseille.eu/), kann ich nicht umhin, den
vier zu ihrem Mut von damals zu gratulieren. Weit über die zwei Wochen Marburg-Marseille hinaus haben sie der Welt
gezeigt, dass einen Rollstuhl zu benutzen eben nicht heißt, nicht voll am Leben teilnehmen zu können oder auch nur
Abstriche machen zu müssen, dass auch die wildesten Lebensentwürfe und -träume nicht aufgegeben werden müssen nur
weil man, wenn das Schicksal an die Türe klopft, hinrollt statt hingeht.
Und heute?
Klar, in zehn Jahren ist einiges passiert - gesellschaftlich, politisch und in den Leben der vier ehemaligen
Studierenden. Aber die Themen von Jenny, Martin, Sascha und Sylvana sind heute so aktuell wie damals.
Vielleicht ist die Zeit reif für eine Neuauflage der Rolli-Rallye Marburg-Marseille? Ich jedenfalls wäre als
fahrradfahrende Wasserträgerin sofort dabei.
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